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Home > Eigenständige JugendpolitikForderungen nach mehr Jugendbeteiligung in BW

(17.02.2021) Die fachpolitischen Forderungen der Landesverbände der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit in Baden-Württemberg zu Teilhabe junger Menschen sind in ein gemeinsames Positionspapier eingeflossen.

Auf dem Foto sind mehrer Füße und Beine zu sehen, die auf einem Steg am Wasser stehen. Auf dem Foto sind mehrer Füße und Beine zu sehen, die auf einem Steg am Wasser stehen.
Foto: J. Abreu via unsplash

Mit Blick auf die Jugendpolitik in Baden-Württemberg wurden zentrale Positionen zusammengetragen, die die Interessen von jungen Menschen verdeutlichen und Jugendbeteiligung auf allen Ebenen einfordern. Im Folgenden sind dieses zusammengefasst:

Der Blick auf junge Menschen ist häufig ein negativ konnotierter und äußert sich unter anderem durch einseitige und pauschalisierende Zuschreibungen seitens politischer Akteur*innen. Er wird zudem deutlich in der Prioritätensetzung von Regelungen und Verordnungen in der Corona-Krise, die für junge Menschen mit massiven Einschränkungen ihrer persönlichen Entwicklungs- und Entfaltungsmöglichkeiten verbunden sind.

Die Debatten rund um die Corona-Pandemie und nach den Ereignissen in Stuttgart (im Sommer 2020) wirken als Beschleuniger für die zunehmende Verwendung von negativen Zuschreibungen. Gleichzeitig verdeutlichen sie den unzureichenden Stand der Teilhabe junger Menschen in der Gesellschaft. Das Verhalten junger Menschen wird häufig mit negativen Entwicklungen in Verbindung gebracht und sie werden als "die" Jugendlichen gesehen. Für eine differenzierte und realitätsnahe Betrachtung setzen sich die Akteur*innen der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit ein, u.a. indem sie den Anliegen junger Menschen Raum geben.

Junge Menschen im Blick...

Die Bedürfnisse von jungen Menschen unterscheiden sich von denen anderer Altersgruppen. Die Besonderheit dieser Lebensphase, in der sich Jugendliche und junge Erwachsene befinden, ist durch den Übergang zum Erwachsenwerden gekennzeichnet und geprägt von Umbrüchen und Unsicherheiten. Dabei stehen sie vor der Herausforderung, sich vom Elternhaus oder aus anderen familiären Kontexten heraus zu lösen, ihre körperlichen Veränderungen zu akzeptieren, den Aufbau intimer Beziehungen zu erproben sowie eigene Wertvorstellungen und eine Zukunftsperspektive zu entwickeln.

Soziale Ungleichheiten wurden und werden gerade im Kontext der Corona-Pandemie verstärkt – u.a. zeigt sich diese Verstärkung in Bildungsungleichheit, Digitaler Ungleichheit, sowie Einkommensungleichheit.

... statt im Fokus

Über Anliegen, Themen und Bedarfe von Jugendlichen und jungen Erwachsenen wird medial nur selten berichtet, und wenn in der Corona-Zeit über junge Menschen berichtet wurde, überwiegt ein negatives Bild. Während sich die große Mehrheit der jungen Menschen auch in Zeiten von Corona solidarisch mit ihren Familien und der Gesellschaft zeigte und die jeweils geltenden Corona-Verordnungen einhielt, wurde ein anderes Bild von Jugend vermittelt. Es dominierten Bilder die junge Menschen zeigten, die sich nicht an Bestimmungen und Regeln hielten.

Junge Menschen befähigen und beteiligen

Junge Menschen haben nicht ohne Grund ein aus zahlreichen Regelungen und Normen ableitbares Recht auf Beteiligung und Mitgestaltung der sie betreffenden Rahmenbedingungen und Angelegenheiten. Trotzdem fühlt sich ein großer Teil der jungen Menschen nicht von Erwachsenen gehört und ernst genommen und sie nehmen ihre Möglichkeiten der Beteiligung als unzureichend wahr.

Damit wird Jugendlichen jedoch eine Grundvoraussetzung genommen, ihre Sorgen, Anliegen und Interessen zu artikulieren und ihr Umfeld und – soweit möglich – ihre Lebensbedingungen mitzugestalten. Fehlende Erfahrungen des Gehört- und Ernst-Genommen-Werdens und damit einhergehend der Selbstwirksamkeit wirken sich zudem negativ auf die Bereitschaft aus, sich einzubringen und zu engagieren. Je früher und in je mehr Lebensbereichen Menschen Beteiligungserfahrungen machen, desto deutlicher haben sie ein Interesse daran sich einzumischen und gesellschaftliche Kontexte mitzugestalten.

Fachpolitische Forderungen der Verbände der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit

  • die Vielfalt von Lebenssituationen und Heterogenität von Jugendlichen im öffentlichen, politischen und medialen Diskurs sichtbar machen und stärker berücksichtigen
  • einen differenzierten und realitätsnahen Blick auf junge Menschen sowie die Wahrnehmung und Anerkennung ihrer spezifischen Bedarfe und Bedürfnisse
  • keine Sonderbehandlung für junge Menschen, sondern eine Gleichbehandlung und einen fairen und respektvollen Umgang mit Jugendlichen, die unter den Folgen der Corona-Pandemie leiden
  • die weitere Stärkung und konsequente Umsetzung von Beteiligung junger Menschen auf allen Ebenen in Politik und Gesellschaft
  • ausreichend vorhandene und verschieden gestaltbare (Frei- und Schutz-)Räume für junge Menschen, sowie eine Beteiligung der jungen Menschen z.B. an der Stadtplanung, um auch ihre Bedarfe bei der Gestaltung des öffentlichen Raumes mit einzubeziehen. Der öffentliche Raum ist für alle da und soll auch als Begegnungsort verschiedener Gruppierungen und Altersgruppen dienen
  • den Einbezug von digitalen Medien als eine der Grundlagen für gesellschaftliche Teilhabe und Bildungschancengleichheit sowie die Schaffung von nicht-kommerziellen Bereichen in digitalen Räumen, die für junge Menschen gut und einfach zugänglich sind und als Begegnungs- aber auch geschützte Räume zur Verfügung stehen
  • die strukturelle und finanzielle Absicherung der Regelstrukturen und Einrichtungen der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit, damit diese (auch in Krisenzeiten) in der Lage sind, die Belange Jugendlicher aufzunehmen und bei Bedarf deren Stimme im politischen und öffentlichen Raum hörbar zu machen oder zu vertreten

Das ausführliche Papier kann hier nachgelesen werden.

Gemeinsame Position der Landesfachverbände der Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit: Landesjugendring BW, AGL, BWSJ, LAG Mobile Jugendarbeit/Streetwork BW, LAGO, LAG JSA, LAG Mädchen*politik BW, LAG Jungen*arbeit BW, LKJ, Netzwerk Schulsozialarbeit BW. Stuttgart, 04.02.2021

Quelle: Landesjugendring Baden-Württemberg