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(08.06.2021) Am 6. Mai fand die Jugend- und Familienministerkonferenz der  Länder statt, auf der ein Beschluss zur Stärkung der Partizipation von Kindern und Jugendlichen gefasst wurde.

Eine junge Frau schreibt auf ein Whiteboard. Eine junge Frau schreibt auf ein Whiteboard.
Foto: Thoughtcatalog via unsplash.com
Die Jugend- und Familienministerkonferenz (JFMK) ist das Fachgremium der für die Kinder-, Jugend- und Familienpolitik zuständigen Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren der Länder. Sie berät und beschließt über wichtige sowie grundsätzliche Angelegenheiten der Kinder-, Jugend- und Familienpolitik.

Die Jugend- und Familienministerkonferenz (JFMK) ist das Fachgremium der für die Kinder- und Jugendpolitik zuständigen Minister*innen und Senator*innen der Länder. Sie berät und beschließt über wichtige sowie grundsätzliche Angelegenheiten. Auf der letzten Konferenz wurden Grundsätze zum Thema Partizipation von Kindern und Jugendlichen beschlossen.

Der Beschluss zur Stärkung der Partizipation von Kindern und Jugendlichen im Wortlaut:

Die Jugend- und Familienministerkonferenz fasst folgenden Beschluss:

  1. Die Jugend- und Familienministerkonferenz (JFMK) dankt den Kindern und Jugendlichen, dass sie sich während der Corona-Krise so solidarisch zeigen und von Beginn an bei der Bekämpfung der Pandemie vorbildhaft mitwirken. Die JFMK positioniert sich daher auch entschieden gegen negative Jugendbilder (z.B. „Partygeneration“, „Superspreader“ etc.), die teilweise in der Öffentlichkeit von jungen Menschen gezeichnet wurden. Sie ist sich der großen Belastung, die die coronabedingten Einschränkungen für die Kinder und Jugendlichen mit sich bringen, bewusst. Sie ist sich zudem bewusst, dass sich viele Kinder und Jugendliche seit Beginn der Corona-Pandemie bei Entscheidungen oft nicht ausreichend berücksichtigt gefühlt haben. Auch konnten schon bestehende Partizipationsmöglichkeiten durch den Wegfall von Präsenzangeboten nicht im bisherigen Umfang wahrgenommen werden. Es gilt daher insgesamt, die Mitwirkungsmöglichkeiten von Kindern nachhaltig zu stärken.
  2. Die JFMK bekräftigt das Recht von Kindern und Jugendlichen auf Partizipation und Mitgestaltung und betont, dass die Umsetzung eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. Familie, Schule, Kinder- und Jugendhilfe sowie alle anderen Akteure, Einrichtungen und Institutionen, die mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben, sowie die unterschiedlichen föderalen Ebenen (Bund, Länder und Kommunen) sind gefordert, Partizipation von Kindern und Jugendlichen umzusetzen und weiter zu stärken. Dies gilt für die Partizipation von Kindern und Jugendlichen aller Altersgruppen, unabhängig von ihren individuellen Lebensumständen.
  3. Die JFMK hebt die Bedeutung der Partizipation für eine selbstbestimmte und gleichberechtige Teilhabe junger Menschen an der Gesellschaft hervor und ist sich einig, dass die Voraussetzungen für eine konsequente Beteiligung junger Menschen weiter zu verbessern sind, um die Interessen, Anliegen und Bedarfe von Kindern und Jugendlichen umfassend zu berücksichtigen. Entscheidend ist, dass Kinder und Jugendliche frühzeitig ihre Beteiligungs- und Mitsprachemöglichkeiten kennenlernen und wahrnehmen und auch ihre entsprechenden Kompetenzen weiterentwickeln. Eine umfassende, alters- und entwicklungsangemessene Partizipation von Kindern und Jugendlichen stärkt die Eigenverantwortung und fördert die Gemeinschafts- und Demokratiefähigkeit. Gleichzeitig trägt sie dazu bei, dass die Rechte, Interessen und Anliegen von Kindern und Jugendlichen umfassender berücksichtigt werden.
  4. Es besteht Einigkeit darüber, dass eine wirksame Partizipation von Kindern und Jugendlichen eine positive und wertschätzende Haltung der sie begleitenden Erwachsenen (insbesondere Eltern, Fachkräfte der Jugend- oder Behindertenhilfe, Lehrkräfte, Betreuerinnen und Betreuer etc.) braucht. Dies gilt auch für Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger im hoheitlichen Bereich (z.B. in der Verwaltung und Justiz). Die Entwicklung einer solchen Haltung sowie die Umsetzung alters- und entwicklungsangemessener Mitgestaltungsmöglichkeiten ist durch entsprechende Sensibilisierung und Qualifizierungsmaßnahmen weiter voranzutreiben. Gleichermaßen sollen auch politische Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger bei ihren Entscheidungen immer auch die Perspektive der Kinder und Jugendlichen ernst nehmen und in der Abwägung berücksichtigen.
  5. Die JFMK begrüßt, dass es bereits vielfältige Angebote und Möglichkeiten für Kinder und Jugendliche zur Partizipation und aktiven Mitgestaltung ihrer Lebensräume gibt. Partizipation von Kindern und Jugendlichen ist beispielsweise im Bereich der Kinderund Jugendhilfe als grundlegendes Gestaltungsprinzip bereits verbindlich verankert. Vielfältige Angebote und Strukturen hierzu werden durch die öffentlichen und freien Träger der Jugendhilfe vor Ort schon jetzt in verschiedenster Form umgesetzt. So ist im Bereich der Kindertagesbetreuung Partizipation im Sinne gelebter Alltagsdemokratie ein durchgängiges Bildungsprinzip. Insbesondere die Angebote der Jugendarbeit sind auf eine umfassende Partizipation ausgelegt. Junge Menschen gestalten hier auf freiwilliger Basis selbst mit und werden zu selbstverantwortlichem Engagement, zu gesellschaftlicher Mitwirkung und zu politischer Beteiligung motiviert und qualifiziert. In Jugendverbänden erhalten sie Einblick in gelebte Demokratie, können sich auf Augenhöhe aktiv einbringen und werden so selbst zu Multiplikatorinnen und Multiplikatoren für Jugendanliegen. Auch in den stationären Einrichtungen der Jugendhilfe sind bereits zahlreiche Beteiligungsstrukturen fest etabliert (z. B. Heimräte, Landesheimräte).
  6. Die JFMK dankt in diesem Zusammenhang allen, die durch vielfältige, kreative und pragmatische Lösungen Angebote auch während der pandemiebedingten Einschränkungen weiter aufrechterhalten haben und damit Kindern und Jugendlichen Möglichkeiten zur Äußerung ihrer Anliegen geboten haben, etwa im Rahmen digitaler bzw. hybrider Formate. Diese Beteiligungsformate stellen auch über die CoronaPandemie hinaus ein effektives Medium dar, im Rahmen dessen Kinder und Jugendliche für sich selbst sprechen und ihre Anliegen direkt gegenüber den jeweiligen Entscheidungsträgern äußern können.
  7. Die JFMK stellt fest, dass es zur Stärkung der Partizipation von Kindern und Jugendlichen in den jeweiligen Lebens- und Entscheidungsbereichen weiterhin Verbesserungsbedarfe gibt. Das zeigt gerade auch die Corona-Pandemie. Gerade für sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche sowie für Kinder und Jugendliche mit Entwicklungsverzögerungen oder Behinderungen war es aufgrund tatsächlicher Zugangsbarrieren oftmals zusätzlich erschwert, sich zu beteiligen.
  8. Die JFMK appelliert daher an alle Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger bzw. an die Verantwortlichen aller Bereiche und auf allen Ebenen, Kinder und Jugendliche als Expertinnen und Experten in eigener Sache tatsächlich und wirksam an allen sie betreffenden Entscheidungen möglichst unmittelbar oder durch Vertretungen zu beteiligen. Vorstellungen und Sichtweisen der Kinder und Jugendlichen sollen somit konsequent berücksichtigt werden und dürfen nicht vom Willen und Wollen von Erwachsenen abhängig sein. Zu gewährleisten sind dabei auch die Vermittlung des erforderlichen Wissens über die eigenen Partizipationsmöglichkeiten sowie für alle Kinder und Jugendlichen zugängliche Partizipationsstrukturen, die es weiter auszubauen gilt. Ein besonderes Augenmerk ist hierbei darauf zu legen, dass vor allem auch Kinder und Jugendliche, die sozial benachteiligt sind oder einen besonderen Förderbedarf haben, sich aktiv einbringen können.
  9. Die JFMK ist sich darüber einig, dass es für die Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendpolitik von zentraler Bedeutung ist, die Sichtweisen von Kindern und Jugendlichen noch viel stärker durch unmittelbaren Austausch zu berücksichtigen und von ihnen kommende Impulse auch in ihre jeweiligen Beschlüsse miteinfließen zu lassen. Gerade bei aktuellen Themen wie Pandemiebekämpfung, Nachhaltigkeit, Generationengerechtigkeit, Umwelt- und Klimaschutz zeigen Kinder und Jugendliche nicht nur großes Interesse, sondern sind engagierte und treibende Kräfte mit wichtigen Ideen und Vorstellungen, wie Gesellschaft zu gestalten und zu verändern ist. Daher sind sie an den hierzu laufenden Diskussionsprozessen zu beteiligen, ihre Meinungen und Sichtweisen sind zu berücksichtigen. Nur so entstehen Verständnis sowie Akzeptanz für getroffene Entscheidungen. Dies wirkt auch Politikverdrossenheit und Extremismus entgegen.

Quelle: Jugend- und Familienkonferenz der Länder, Öffentliches Protokoll