Home > Eigenständige JugendpolitikStrategisch und verankert: Aktuelle Jugendpolitik in Thüringen

Martina Reinhardt, Abteilungsleiterin Kinder, Jugend und Sport im Jugendministerium Thüringen

1. Gesetzliche Verankerung Eigenständiger Jugendpolitik in Thüringen

Thüringen hat im Rahmen der Novelle seines Kinder- und Jugendhilfe-Ausführungsgesetzes die Eigenständige Jugendpolitik landesrechtlich verankert. Der dazugehörige Entschließungsantrag benennt zentrale Vorhaben zur erfolgreichen Etablierung Eigenständiger Jugendpolitik.

Der thüringische Landtag geht damit den nächsten Schritt auf dem seit 2017 beschrittenen Weg zur Umsetzung Eigenständiger Jugendpolitik im Land (vgl. LT-Drucksache 6/4573). Mit dem Fünften Gesetz zur Änderung des Thüringer Kinder- und Jugendhilfeausführungsgesetzes (LT-Drucksache 6/6068) werden Vertretungen der Jugendringe, der Schülerinnen und Schüler sowie Mitglieder eines „landesweiten Jugendmitbestimmungsgremiums“ in ihren stimmberechtigten und beratenden Rollen im Landesjugendhilfeausschuss sowie den kommunalen Jugendhilfeausschüssen gestärkt. Zudem wird künftig in jeder Legislaturperiode ein Bericht über die Lebenslagen junger Menschen in Thüringen angefertigt, an deren Erstellung zukünftig auch junge Menschen beteiligt werden sollen (wie z. B. beim 2. Kinder- und Jugendbericht in Rheinland-Pfalz geschehen). Darüber hinaus sollen dazu Expertisen und Gutachten in Auftrag gegeben werden, die dann auch veröffentlicht werden.

Eine besondere Rolle nimmt die Jugendarbeit als „Motor der Eigenständigen Jugendpolitik“ ein. Deshalb wurde die Förderung durch die Verankerung der Örtlichen Jugendförderung (Förderung der Angebote § 11-14 SGB VIII) im Kinder- und Jugendhilfe-Ausführungsgesetz (ThürKJHAG) gesetzlich fixiert. Die finanzielle Ausstattung wird auf mindestens 15 Millionen Euro jährlich erhöht und alle zwei Jahre durch das Ministerium auf Anpassungsbedarfe hin überprüft.

Der Landesjugendförderplan soll sich – auf Grundlage des Lebenslagenberichtes – an Wünschen, Interessen und Bedürfnissen von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen orientieren. Der begleitende Entschließungsantrag (LT-Drucksache 6/6828) der Regierungsfraktionen von Die Linke, SPD und Bündnis 90/Die Grünen bittet zudem die Landesregierung u. a. um die Konzeptionierung eines Jugend-Checks für Thüringen, den Weg der Verbesserung der Mitbestimmung junger Menschen fortzusetzen und das Ehrenamt zu stärken. Auch die Einrichtung von Beteiligungs- und Beschwerdemöglichkeiten für junge Menschen im Land wurde angeregt. Die Gesetzesnovelle wurde u. a. in Anhörungen und Fachveranstaltungen intensiv mit der Zivilgesellschaft diskutiert, welche nun auch gespannt die Umsetzung verfolgen und begleiten wird.

2. Landesstrategie Mitbestimmung junger Menschen

Der wichtigste Bestandteil der Eigenständigen Jugendpolitik in Thüringen ist die Stärkung der Mitbestimmung junger Menschen dazu wurde eine Landesstrategie Mitbestimmung junger Menschen erarbeitet. Diese erfolgte auf Grundlage einer politischen Absichtserklärung der Regierungskoalition, die im Koalitionsvertrag von 2014 verankert ist: „Wir wollen die direkten Mitbestimmungsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen verbessern. Dafür werden wir eine Landesstrategie Mitbestimmung erarbeiten, die die Initiativen auf kommunaler und Landesebene zusammenfasst. Wir werden kinder- und jugendgerechte Partizipationsstrukturen ausbauen und dafür auch eine entsprechende Infrastruktur fördern.“

Daraus wurde der Auftrag abgeleitet, mit Hilfe einer interdisziplinären Arbeitsgruppe ein Strategiepapier zur Landesstrategie Mitbestimmung junger Menschen zu erarbeiten, in dem die unterschiedlichen Begriffe wie Partizipation, Mitwirkung, Beteiligung, Mitgestaltung, Mitsprache, etc. mit ihren fachlich unterschiedlichen Bedeutungen gleichermaßen unter den Begriff „Mitbestimmung“ subsumiert werden. Aufbauend auf den Erfahrungen der Jugendhilfe wurde ein Blickwinkel gewählt, der Mitbestimmung als gesamtgesellschaftliche und damit ressortübergreifende Aufgabe ansieht. In der Strategie wird unter „Mitbestimmung junger Menschen“ verstanden, ihnen ein Höchstmaß an tatsächlicher Mitentscheidung in unterschiedlichen Lebenssituationen zu ermöglichen sowie ihnen Teilhabe an Entscheidungsmacht einzuräumen. Die „Landesstrategie Mitbestimmung junger Menschen“ ist das Ergebnis dieser Arbeitsgruppe, welche die Herausforderungen, Fragestellungen und Herangehensweisen bei der Mitbestimmung junger Menschen betrachtet und als Grundlage für alle Politikfelder weiterentwickelt.

Die Landesstrategie Mitbestimmung wurde mit dem Kabinettsbeschluss vom 18.3.2019 als eine ressortübergreifende Aufgabe für Thüringen anerkannt und das Leitbild für Mitbestimmung von jungen Menschen in Thüringen beschlossen.

Inzwischen wurden eine Vielzahl der Festlegungen aus der Landesstrategie Mitbestimmung schon umgesetzt. So wurden z. B. im neuen Thüringer Schulgesetz die Mitbestimmungsmöglichkeiten von Schülerinnen und Schüler wesentlich erweitert, die Einbeziehung der jungen Menschen in der Jugendhilfeplanung gesetzlich festgeschrieben und eine interministerielle Arbeitsgruppe zur Mitbestimmung junger Menschen eingerichtet. Für das zweite Quartal 2020 ist die Einrichtung einer Servicestelle Mitbestimmung beim Landesjugendamt Thüringen geplant.

Die Landesstrategie Mitbestimmung ist hier zum Download verfügbar.

3. Bericht zu Lebenslagen junger Menschen in Thüringen

Die Thüringer Landesregierung hat im Herbst 2019 dem Landtag einen aktuellen Bericht über die Lebenslagen junger Menschen im Freistaat Thüringen vorgelegt.

Damit erfüllt die Landesregierung die Vorgabe in §10 Abs. 2 des Thüringer Kinder- und Jugendhilfe-Ausführungsgesetz. Auf 117 Seiten finden sich detaillierte Einblicke in die Lebenslagen junger Menschen im Freistaat sowie zahlreiche darauf aufbauende Herausforderungen für die Landespolitik. Der Lebenslagenbericht bezieht sich sowohl auf den 15. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung als auch auf die Eigenständige Jugendpolitik.

Der Lebenslagenbericht ist über die Landtagsseite zum Download verfügbar (PDF).

Weitere Informationen zu den jugendpolitischen Entwicklungen finden sich auf der Homepage des TMBJS Thüringen.